In unserer Gesellschaft führen Theorie und Praxis eine Beziehung, die auf den ersten Blick kompliziert erscheint. Nicht selten treten Meinungsverschiedenheiten zwischen selbsternannten „Theoretikern“ und „Praktikern“ auf. Auch die Bildungsforschung muss sich oft der Kritik erwehren, dass ihre Theorien und Konzepte in der Praxis – aus vielfältigen Gründen – gar nicht umsetzbar seien. Dabei ist vielen „Praktiker:inne:n“ kaum bewusst, dass sie in ihren täglichen beruflichen Handlungen viel häufiger und mit Erfolg Theorien anwenden, als sie vermuten würden. Die verbreitete Maxime „Keine Theorie ohne Praxis“ lässt sich also auch umkehren – denn in vielen Fällen profitiert auch die Praxis von der Theorie.
Diesem Ansatz folgt auch ein wissenschaftlicher Beitrag, der vom Projekt „weiter.digital“ in Zusammenarbeit mit Franziska Günther (Technische Universität Dresden; TUD) vom ESF-Schwesterprojekt „Ausbilderakademie.digital“ entwickelt wurde. Er adressiert die Problematik, dass gerade im Bereich des Lernens mit digitalen Medien (bzw. E-Learnings) in der Praxis viele begrifflich-konzeptuelle Irrungen und Wirrungen bestehen. Medien, Methoden, Infrastrukturen, Bildungsressourcen und Lernwerkzeuge werden hier oft in „einen Topf geworfen“ und einmal kräftig gerührt. Das äußert sich darin, dass Lehrende beispielsweise von der „Wiki-Methode“ oder den Massive Open Online Courses (MOOCs) als digitalem Lernwerkzeug sprechen – obwohl Wikis eigentlich Werkzeuge sind, die für ganz unterschiedliche methodische Zugänge, wie zum Beispiel im Rahmen von MOOCs, genutzt werden können. Letzteres zeigt gleichermaßen, dass sie deshalb keine bloßen Werkzeuge sind.
Um hier etwas mehr Klarheit zu schaffen, gehen die beiden Schwesterprojekte in ihrem gemeinsamen Beitrag zunächst auf die Unterschiede zwischen Methoden und Medien ein. Anschließend wird eine Systematik vorgestellt, in der (digitale) Bildungsmedien nach verschiedenen technischen Kriterien geordnet werden. Hierzu zählt beispielsweise, ob bei ihrer Produktion bzw. Nutzung Technik eingesetzt werden muss, welche Funktion sie im Bildungsprozess erfüllen, zu welchem Grad sie von Lernenden modifiziert werden oder wie sie aufgebaut sind. Der Beitrag soll Akteurinnen und Akteuren aus der Bildungspraxis als Leitfaden für die (korrekte) begriffliche Verwendung und den beruflichen Einsatz von Bildungsmedien dienen. Er wurde von Jonathan Dyrna (TUD) auf der 29. Jahrestagung der Gesellschaft für Medien in der Wissenschaft (GMW) präsentiert, die in diesem Jahr von der Universität Leipzig virtuell ausgerichtet wurde.
Der Beitrag kann auf der Forschungsplattform ResearchGate kostenlos heruntergeladen werden. Der Sammelband für die gesamte Konferenz, die sich thematisch mit der Bildung in der digitalen Transformation befasst hat, ist ebenfalls frei verfügbar.